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Blindenunterricht

Nach allem Vorangegangenen mag es nun am Platze sein, über den Blinden- und Taubstummen- Unterricht selber, über das Wesen, die Mittel, die Schwierigkeiten, die Resultate ""desselben noch einige Mittheilungen zu machen. Eine förmliche Theorie dieses Unterrichtes, wenn auch nur in enzyklopädischer Form, aufzustellen, darum kann es sich freilich hier nicht handeln, dazu ist Ort und Zeit nicht vorhanden, dazu bedürfte es überdies eines eigentlichen Fachmanns. Aber einige Andeutungen hierüber sollten doch dem Laien willkommen sein und werden gewiss sein Interesse erwecken.

Der Unterricht bei den Blinden ist verhältnissmässig mit nicht sehr grossen Schwierigkeiten verbunden. Jeder gewöhnliche Lehrer, dem einige Geduld und Ausdauer verliehen ist, kann gar wohl einem blinden Kinde bis auf einen gewissen Punkt ein liebender Führer sein. Es können auch Blinde in einer Schule sehender Kinder gar Vieles und Nützliches lernen, zumal wenn der Lehrer guten Willen zeigt, ihnen einige spezielle Sorgfalt zuzuwenden und nicht etwa eine zu grosse Schülerzahl ihm dies unmöglich macht. Man theilt den Unterricht der Blinden gewöhnlich ein in den theoretischen oder wissenschaftlichen und in den technischen oder die Handarbeiten. Was den erstem betrifft, so können blinde Kinder so ziemlich in allen gewöhnlichen Schulfächern wie sehende Kinder und mit ähnlichem Erfolg wie diese unterrichtet werden. Es steht ja bei ihnen der Eingang zu Verstand und Gemüth durch das Ohr allezeit offen. Ohne Schwierigkeiten kann man mit ihnen von der ersten Unterrichtsstunde an über alles das reden, was man das sehende Kind lehrt. Im Religionsunterrichte verstehen sie gar wohl, ja oft mit einer gesteigerten Innigkeit die Worte ewigen Lebens und himmlischen Trostes, welche der Lehrer ihnen zuruft. Im Sprachfache kann man sie wie sehende Kinder Wortformen und Sätze bilden lehren und sie mit dem Geist der Sprache vertraut machen. An ihren geistigen Augen können ebenfalls die erhebenden und demüthigenden Bilder der Welt- und Völkergeschichte vorübergeführt werden u. s. w.

Lesen und Schreiben der Blinden. Methoden und Systeme

Fast die einzige Schranke, die den Blinden gesteckt ist und ihnen allerdings alles Lernen zwar nicht unmöglich macht, aber doch erschwert, besteht darin, dass sie auf die gewöhnliche Art nicht lesen und schreiben, ihre Gedanken nicht in unsere Schrift fassen und unsere Gedanken nicht aus dem von uns Geschriebenen oder Gedruckten entgegennehmen können. Indessen treten auch hier mildernde Umstände hinzu. Theils gewinnt bei Blinden das Gedächtniss in der Regel eine ausserordentliche Intensität, vermöge welcher sie das, was sie einmal gehört haben, gründlicher und dauerhafter festhalten als sehende Kinder. Theils hat der menschliche Scharfsinn künstliche Schreib- und Lesesysteme für die Blinden erfunden, die ihnen wenigstens einigen Ersatz bieten für die gewöhnliche Art zu lesen und zu schreiben. So macht es denn einen wesentlichen Bestandteil des wissenschaftlichen Spezialunterrichtes der Blinden aus, sie auf künstlichem Wege lesen und schreiben zu lehren und ihnen dadurch eine Stütze für allen übrigen Unterricht, für den Verkehr mit der Aussenwelt und für ihr Fortkommen zu bieten. Man nimmt zu diesem Zwecke Zuflucht zu erhabener Schrift, welche der Blinde mit den Fingerspitzen fühlt oder liest und schreibt. Die Bücher für die Blinden werden so hergestellt, dass die Buchstaben in das Papier eingedrückt werden, so dass sie auf der andern Seite des Blattes erhaben erscheinen und dort abgefühlt werden können. Nach dieser Manier sind bereits eine grosse Zahl Bücher für Blinde gedruckt worden, z. B. Schulbücher und die ganze heilige Schrift. Letztere umfasst viele Bände, da doch immer eine grössere Schrift angewendet werden muss und nur eine Seite der Blätter benutzt werden kann.

Aehnlich lehrt man die Blinden schreiben, indem man ihnen erhabene Buchstaben zur Verfügung stellt, die sie durch das Gefühl kennen und unterscheiden lernen und aus denen sie in einer Kahme Wörter und Sätze zusammenstellen, oder indem man sie die Buchstaben in Papier eindrücken oder mit einem Stift durchstochen lässt, so dass sie auf der andern Seite in erhabener Form erscheinen.

Von selbst versteht sich, dass es viel Geduld und Uebung braucht, bis ein Blinder auf die angedeutete Art mit Hülfe des Tastsinns einigermassen zu lesen und zu schreiben versteht. Es kommt aber dabei den meisten Blinden eine ausserordentliche Feinheit des Gefühls zu Statten, die sich durch Uebung bisweilen ins Unglaubliche steigert. Man darf sich darum nicht verwundern, wenn man hört, das einzelne Blinde ziemlich rasch und im Zusammenhang lesen, ebenso ziemlich geläufig schreiben können, ja dass es solche gebe — wie man auf dem Pariser Kongress hörte — die förmliche Geschäftsbücher führen.

Nicht nur in den Fingerspitzen bildet sich bei Blinden der Tastsinn zu einer ausserordentlichen Feinheit aus, ihre ganze Körperoberfiäche mit den zahllosen Nervenspitzen scheint feiner zu fühlen als die der Sehenden. Ein Zögling der Zürcher Anstalt konnte bei einem Spaziergang über den Hirschengraben auch bei trüber Witterung genau angeben, ob man sich unter einem Baume befinde oder nicht. Dazu befähigte ihn nicht etwa das Gesicht, denn er hatte keine Spur davon, sondern ein gewisses feines Gefühl, das jede Alterirung der Luft und der Lichtreflexe durch nahe Gegenstände ihn wahrnehmen liess. Man ist schon so weit gegangen, zu behaupten, dass Blinde durch ihr Gefühl sogar Farben unterscheiden können; man hat aber damit zu viel behauptet.

Für das Schreiben und Lesen der Blinden werden verschiedene Schriftsysteme in Anwendung gebracht; welchem der Vorrang gebühre, ist unter den Blindenlehrern noch streitig; ja es wird allgemein anerkannt, dass die wahre Blindenschrift erst noch gefunden werden müsse. Die üblichste Druckschrift, wenigstens in Deutschland, ist die römische Uncial- oder Lapidarschrift in Punktendruck, auf welche Weise in der Stuttgarter Bibelanstalt -das Alte und Neue Testament erschienen ist. Für das Schreiben sind hauptsächlich drei Schriften in Gebrauch: die von Hebold, Braille und Moon. Die Hebold'sche hält die Form der gewöhnlichen Buchstaben fest und bietet den Vortheil, dass mittelst derselben die Blinden auch mit den Sehenden schriftlich verkehren können. Am meisten verbreitet ist die Braille'sche Schrift, und eignet sich besonders für den Selbstgebrauch der Blinden und ihren Verkehr mit Ihresgleichen.

Braille, geboren den 4. Januar 1809 in Coupvray, Departement Seine-et-Marne, war der Sohn eines Kummetmachers, verletzte sich im dritten Jahre mit einem Sattlerkneif ein Auge und erblindete. Am 15. Februar 1819 trat er in das Blinden-Institut zu Paris und zeichnete sich so sehr aus, dass er 1827 Lehrer in der Anstalt wurde. 1829 veröffentlichte er seine Anaglyptographie und 1839 die Raphigraphie. Er starb den 6. Januar 1852 an der Lungenschwindsucht. Die von ihm ausgedachte Schrift hat mit der Telegraphenschrift Aehnlichkeit, indem die Buchstaben durch verschiedene Kombinationen von Punkten dargestellt werden. Sie ist von ihm auch auf die Musik angewendet worden. Dr. Moon, ein Engländer, 1840 erblindet, schuf hauptsächlich dadurch eine neue Blindenschrift, dass er die Form der römischen Buchstaben möglichst vereinfachte.

Geographie, Mathematik, Handarbeiten und Musik
Zum Unterricht in der Geographie werden erhabene Landkarten gebraucht ; die Einführung von Reliefs als Mittel zum geographischen Unterricht überhaupt wurde durch den Blinden-Unterricht sehr gefördert. Im Rechnen wird das Schwergewicht auf das Kopfrechnen verlegt, doch auch das schriftliche Rechnen nicht ausser Acht gelassen.

Von besonderer Wichtigkeit für den Blinden ist der technische Unterricht, der ihn so gut als möglich zur praktischen Handarbeit befähigen soll. Arbeit ist ein Bedürfniss jedes Menschen, ja sie ist das Herrlichste im Leben. Auch im Leben des Blinden, zumal des mittellosen, der nicht geistigen Genüssen nachgehen kann, nimmt sie diesen Platz ein. Sie erheitert dem Blinden in hohem Masse sein dunkles Loos, verscheucht seine Langeweile, setzt dem dumpfen Dahinbrüten seines Geistes, dem er gerne verfällt, eine starke Wehr entgegen, und, was besonders werthvoll ist, sie befähigt ihn, ganz oder theilweise sein irdisch Brod zu verdienen. Darum muss jode Blinden-Anstalt darauf bedacht sein, die blinden Kinder nicht bloss geistig zu wecken und zu fördern, sondern sie auch zu nützlicher Arbeit anzuleiten; sie muss mit der Schulstube eine Arbeitsstube verbinden. Vermöge des ihnen eigenen feinen Gefühls erringen sich die Blinden eine grosse Fertigkeit in Handarbeiten. Die ihnen zugänglichen Arbeiten sind: Verfertigen von Strohmatten und Finken. Stricken, Spinnen, Sesselflechten, Schusterei, Drechslerei, Seilerei, Korbmacherei, Bürstenmacherei u. s. w. Viele Anstalten hatten auf der Pariser Ausstellung Arbeiten ihrer Zöglinge ausgestellt, theilweise solche, die Staunen erweckten und die Frage auf die Zunge legten: Wie ist es möglich, dass Blinde solches zu leisten vermögen! Indessen sinnt man auf immer neue Berufsarten für die Blinden und es ist diess auch sehr von Nöthen, denn nicht in der Schule, sondern erst draussen im Leben, wo er sein Brod verdienen sollte, beginnen für den Blinden die grossen Schwierigkeiten.

Eine Art Vereinigung von wissenschaftlicher und praktischer Bethätigung bietet sich vielen Blinden in der Musik dar. In den meisten Blinden-Anstalten wird diese mit einer gewissen Vorliebe gepflegt. Diess findet seine vollste Berechtigung darin, dass bei den Blinden in Ermanglung des Gesichtssinnes oft der Gehörsinn um so mehr ausgebildet ist, und dass die Musik sich sehr dazu eignet, den Blinden in mancher Stunde zu erquicken und sein Gemüth aufzuheitern. Die Beschäftigung mit Musik hat freilich für Blinde auch ihre Klippen, indem mancher schwache Blinde, der ein Instrument nothdürftig spielen gelernt hat, hiedurch dazu verleitet wird, aus seiner Musik ein zweideutiges Gewerbe zu machen, mit seinem Instrument in die Wirthshäuser zu gehen u. s. w. Aber die Missbräuche, die leider vorkommen, heben die Pflege der Musik durch die Blinden im guten Sinne nicht auf. Sie hat schon Tausenden zum Trost gedient und ihnen zu einer ehrenvollen Existenz als Organisten, Klavierlehrer u. s. w. verholfen, ja sogar Einzelnen den Lorbeer weitverbreiteten Ruhmes eingetragen. Es ist früher schon von Dulon und Therese von Paradies die Rede gewesen. Hier sei noch Pierre Francis Moncouteau erwähnt, geboren 1805 zu Ville-Juif, von Geburt blind, der das Pariser Institut durchlief, dann einer der ersten Organisten und Harmonielehrer in Paris wurde und eine Reihe wichtiger musikalischer Schriften herausgab.

Taubstummenunterricht

Ungleich schwieriger als der Blinden-Unterricht ist derjenige der taubstummen Kinder, zumal im Anfang. Da ist grosse Geduld des Lehrers von Nöthen und Zufriedenheit mit anfänglich senfkornartigen Resultaten. Sind die ersten Schwierigkeiten überwunden, so geht es auch hier wie allerwärts rascher und leichter. Zwischen dem blinden Schüler und seinem Lehrer ist vom ersten Augenblicke an der regste geistige Wechselverkehr möglich. Wie ganz anders beim Taubstummen! Weil er nicht hört, so findet zu ihm kein einziger Gedanke, den der Lehrer in Worten ausspricht, den Weg, und weil er kein Wort hervorbringen kann, so kann auch er dem Lehrer keinen Gedanken offenbaren, der allenfalls nothdürftig in seinem umnachteten Geiste aufsteigt. Eine furchtbare Scheidewand thürmt sich zwischen dem taubstummen Kinde und seinem Lehrer Anfangs auf. Da muss zuerst künstlich eine Brücke vom Einen zum Andern geschlagen werden. Es handelt sich darum, einen Weg zu bahnen, auf welchem Lehrer und Schüler sich verständigen können. Dann erst ist Unterricht denkbar.

Man hat sich bisher auf folgende Arten geholfen: 1) Durch die Geberdenoder Zeichensprache, Mimik; 2) durch die Schriftsprache; 3) durch die Laut- oder Tonsprache, Artikulation; 4) durch gemischte Anwendung dieser Methoden. Die Geberdensprache scheidet sich in eine natürliche und eine künstliche. Erstere bedient sich blos der Geberden, die uns mehr oder weniger anerboren sind und auch von Hörenden häufig angewendet werden; die künstliche nimmt Zuflucht zu einem komplizirten System von solchen Geberden, die der menschliche Scharfsinn ausgedacht und methodisirt hat. Den mannigfaltigsten Stellungen und Bewegungen des Körpers und seiner Theile wird je eine feste Bedeutung, die Bedeutung eines Buchstabens oder Wortes oder ganzen Satzes zuerkannt. Dann wird der Taubstumme angeleitet, aus diesen Geberden, von denen jede für ihn eine konstante Bedeutung hat, Wörter, Sätze, Gedankenreihen zu bilden. Wie mühsam und schwerfällig das sein muss, leuchtet Jedermann ein. Als Beleg hiefür möge angeführt werden, was für Geberden es braucht, um in einer solchen Taubstummensprache die Worte "ich glaube" auszudrücken. Man beschreibt mit der rechten Hand einen Halbkreis und nähert sie der Brust — diess bedeutet ich. Dann deutet man mit dem Zeigefinger der Rechten auf die Stirne und fügt das Zeichen der Bejahung bei. Darauf zeigt man auf das Herz und wiederholt die Bejahung, deutet auf den Mund und bewegt die Lippen unter abermaligem Bejahungszeichon. Endlich hält man die beiden flachgelegten Hände vor sich hin zum Zeichen des Präsens im Zeitwort. Diese Manipulationen heissen für den Taubstummen: ich glaube (Orelli, pag. 12). Wie viel Mühe wird es kosten, ein taubstummes Kind dahin zu bringen, dass es ein solch' mimisches Sprachsystem versteht und es selber in praxi in Anwendung bringen kann. Und wenn das gelingt, so kann der Taubstumme doch nur mit den Wenigen verkehren, die in diese Mysterien eingeweiht sind.

Es springt wohl auch in die Augen, dass blos mit Hülfe dieser Zeichensprache ein eigentlicher, gründlicher Unterricht nicht erzielt werden kann. Darum zog man von jeher auch die Schriftsprache, den Verkehr mit den Mitmenschen durch das Schreiben, als Hülfsmittel herbei. Man zeigt dem taubstummen Kinde einen Gegenstand oder das Bild desselben, schreibt ihm den Namen des Gegenstandes auf, lässt es diesen Namen nachschreiben, so dass ihm derselbe als Zeichen des Gegenstandes erscheint, und es nachher, sobald man ihm diesen Namen wieder schreibt, an den Gegenstand erinnert wird. Dann geht man weiter und sucht dem taubstummen Kinde auch Gedankenverbindungen in Schrift anschaulich zu machen, z. B. Schnee-weiss, ist weiss u. s. f. Auf diesem Wege kann aber die Schrift nur zu einem sehr äusserlichen, mechanischen Hülfsmittel für das taubstumme Kind werden; es liest das Geschriebene nicht, weder leise noch laut; die geschriebenen Wörter und Sätze sind ihm blos sichtbare, angeschaute Zeichen der Gegenstände und Gedanken. Wie ganz anders verhält es sich beim vollsinnigen Kinde, das von der mündlichen Rede, von den gesprochenen Gedanken aus zur Schrift geführt wird! Es hört in dem Geschriebenen immer zugleich die mündliche Rede wiederklingen, es wird durch die Schrift in lebendigen, unmittelbaren Zusammenhang mit der geistigen Welt der Gedanken, Vorstellungen, Schlüsse u. s. w. gebracht. (Scherr, "Mémoire en réponse à la derniere circulaire de l'institut royal de Sourds-Muets à Paris"). Ueberdiess liegt auf der Hand, dass der Unterricht sehr schwerfällig sein muss, und der alltägliche Verkehr mit den Mitmenschen fortwährenden Hemmungen ausgesetzt ist, so lange nur die Schriftsprache als Hülfsmittel dazu dient. Desshalb hat sich die Methode immer mehr Geltung verschafft, nach welcher beim Taubstummen-Unterrichte die Laut- oder Tonsprache oder Artikulation angewendet wird. Nach derselben wird der taubstumme Schüler dazu angeleitet, den Hörenden die Sprache an den Lippen abzulesen und dieselbe laut nachzuahmen, wenn er sie auch nicht hört, sondern höchstens durch ein allgemeines, im Körper vorhandenes Gefühl empfindet. Dass dieses namentlich im Anfang eine mühevolle und schwierige Arbeit ist, leuchtet wohl ein. Es muss dabei zu allen möglichen Mitteln Zuflucht genommen werden. Man stelle sich vor, ein Lehrer wolle ein taubstummes Kind den Laut a hervorbringen lehren. Das Kind hört den Laut nicht. Darum muss ihm gezeigt werden, was für Bewegungen die Lippen beim Sprechen dieses Lautes machen, welche Lage die Zunge einnimmt, wie eine Luftströmung aus dem Munde hervorgeht; man lässt es mit der Hand an den Lippen, am Kehlkopf, an der Brust nachfühlen, mit was für Körperbewegungen und Erschütterungen das Hervorbringen des a verbunden ist. Allmälig sucht man zu erzielen, dass es die Bewegungen u. s. f., die diesen Laut erzeugen, nachahme, d. h. das a selber laut spreche. So geht es von Laut zu Laut. Dann folgt die Zusammensetzung der Laute zu Wörtern, der Wörter zu Sätzen u. s. w. Gleichzeitig wird natürlich das Schreiben der Lautzeichen und Wörter geübt und schon beim Absehen und Sprechenlernen darauf gezielt, dass das Denken und Urtheilen dos taubstummen Kindes geweckt und ihm ein Einblick in die einfachsten Formen der Sprachbildung verschafft werde. Hat das Kind im Absehen und Sprechen eine gewisse Fertigkeit erlangt, so dass die Verständigung zwischen ihm und seinem Lehrer leicht von Statten geht, so kann mit ihm der Unterricht in allen Schulfächern beginnen.

Nur ein Fach fällt für die Taubstummen aus, der Gesang. Das Reich der Töne mit seinem wunderbaren Zauber ist und bleibt für sie auf Erden eine absolut verschlossene Welt, wie dem Blinden hienieden die Lichtwelt unzugänglich ist. Doch soll der Besucher einer Taubstummen-Anstalt, nachdem er die Leistungen der Schüler in verschiedenen Fächern bewundert, gewünscht haben, dass zum Schlusse noch ein Lied gesungen werden möchte.

Es liegt keine Uebertreibung darin, wenn ich sage, dass fähige taubstumme Kinder, die sechs bis acht Jahre eine gute Taubstummenschule besucht haben, in Beziehung auf das Wissen und Können den vollsinnigen Kindern ziemlich ebenbürtig dastehen, welche unsere Volksschule durchgemacht haben. Nach ihrem Austritt im 15. bis 17. Altersjahre sind sie zur Erlernung fast jedes Berufes befähigt, bei dem nicht der ungehinderte Gebrauch der Sprache unerlässliche Bedingung ist. Man macht die erfreuliche Erfahrung, dass sie sich bei ihren Meistern gewöhnlich grosse Zuneigung erwerben, weil sie meistens sittsam, aufmerksam und fleissig sind.

Schluss!