An Maja O., 19. Mai 2017, Basel
Ich laufe noch, aber ich laufe im Schneckentempo. Vor dem Sturz in der Dusche konnte ich wieder 'Stocklaufen', du weisst noch was 'Stocklaufen' bedeutet? Nein? Egal, das kann ich dir ein anderes Mal erklähren, wenn es überhaupt ein anderes mal gibt. Mh, ich glaube, ich erklär's dir besser jetzt: Ich konnte wieder alleine auf die Strasse, zwar hinkend und nicht mehr so schnell wie vor dem Hirnschlag, aber immerhin, und nachdem ich in der Dusche umgefallen war, da ging zuerst nichts mehr. Ich war wieder im Rollstuhl. Jetzt laufe ich, aber eben: gggaaannnzzz lllaaannngggsssaaammm und immer mit Begleitung.
Also ich könnte dir noch einiges aus der 'Krankengeschichte' erzählen, aber eben: Es nützt ja nichts mehr! Wenn ich schon weiter leben will / muss, dann möchte ich eher WIRGLICH LEBEN und nicht wie ein verschüchtertes Huhn das Ende abwarten. Also habe ich den Verein DarsiLaMano wieder aktiviert, und ich gehe wieder in den Kongo, WAHRSCHEINLICH, zwar noch viel mehr 'behindert' als vorher, aber wir haben nur EIN Leben und das will auch ich leben! - Ich bin auch immer wieder deprimiert und mutlos, aber im Grunde war das immer wieder der Fall, vielleicht schon im Kindergarten! Ich habe deinen Brief gelesen und es war schön, wieder einmal von dir zu hören!
Mein Vater lebt noch, und zwar recht gut. Er hat sich 1992 von 'Mimi' getrennt. Mimi oder Anne-Marie hat gelitten, aber sie hat auch immer wieder gesagt, 'er muss sein Leben leben.' Sie sind 1979 von Basel auf den Hasliberg gezogen; 1992 ist Hans - mein Vater - wieder nach Basel gekommen, und meine Mutter zehn Jahre später. Meine Mutter starb 2004, nachdem sie, meine Mutter und mein Vater, eine Woche vorher noch 10 Tage in den Ferien waren. Hans Näf, also mein Vater hat eine 27 Jahre jüngere Partnerin gefunden (oder besser sie haben sich gefunden). Jetzt leben sie ganz eindrächtig zusammen. Einiges machen sie zu zweit, aber ganz viel machen sie unabhängig von einander. Hans schläft mehr, das furmt ihn, aber er sagt auch, 'das ist einfach so'.
Thomas, mein älterer Bruder, und seine Frau leben vor allem in Zweisimmen. Allerdings kürzlich kam ein erstes Enkelkind auf die Welt, also sieht man sie jetzt wieder mehr in Basel, wo der ältere Sohn und seine Frau leben. - Werner oder Mäni - ja, man vergisst nicht so schnell, obwohl 'Mäni' längst vorbei und begraben ist! - und Miri leben in Arlesheim. Die zwei Töchter und der Sohn sind ausgezogen, aber Kinder haben sie noch nicht, jedenfalls ich merke noch nichts davon.
Und sonst? Wie geht es mir? Ja, wie geht es mir? - Naja, soso lala, ich '. hadere immer wieder. 'Und wieso gerade ich? Und so plötzlich!' Du warst ja dabei, wie ich - auch verhältnismässig schnell - blind geworden bin. Und jetzt, wieso gerade ich? Wenn man einen Grund wirglich braucht, dann bitte, aber letztlich bleibt nur, annehmen oder hadern. Wenn du ein bisschen Zeit hast, dann lies auf meiner Webseite mehr, vorallem 'Reisen, Bauen und Lehrer sein'. Das waren schöne Zeiten, aber ich hoffe, die Zeiten werden wieder kommen, vielleicht anders, aber auch so erfüllt und spannend wie vorher!
Ganz herzliche Grüsse,
Martin