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An Daniel C., 13. April 2003

Hoi Dänu. Wir sind verstummt ... gäll? Und doch ... es blubbert noch leise im Seelengewässer, und ab und zu denk ich daran, einmal nach Bern zu fahren und Dich dort zu treffen ... Ciao und bis dann, Martin

PS: Nach mehr als zwei Jahren habe ich den ganzen Briefwechsel gestern noch einmal durchgelesen. Ich bin überrascht, um nicht zu sagen überwältigt, wie viel wir uns damals in nur 10 Tagen von einander mitgeteilt haben, und wie "gut" die Briefe auch stilistisch sind. Immer wieder ein richtiges Lesevergnügen. Aber das Ende ... Dieser plötzliche Abbruch. Was war da los. Ich erinnere mich, dass ich mit Dani telefoniert habe, ich meine es sei an einem Samstag Abend gewesen. Danach war für mich die Luft total draussen. Ich glaubte damals zu wissen, was los ist. Ich fühlte mich während des Telefonats nicht sehr wohl. Er redete zu viel und zu heftig. Ich hatte den Eindruck, dabei vollkommen unter die Reder zu kommen. Ich weiss von mir, wie schwer es mir fällt, mich in solchen Situationen zur Wehr zu setzen. Ich werde stumm und nett und gelegentlich, wenn es mir nicht gelingt, die Sache irgendwei anzusprechen und die Kurve zu kriegen, fühle ich mich so verletzt, dass ich mit dem betreffenden Menschen vielleicht gar nichts mehr zu tun haben will. Im Fall von Dani scheint mir das aber nicht das einzige, denn die Übereinstimmung in so vielen Lebensthemen hätte mich doch dazu bringen müssen, mehr um diesen Mann, diese Möglichkeit zu kämpfen. War er mir vielleicht als konkreter Mann suspekt? Wollte ich mich nicht auf Rheuma und Schwindel und auf ein Leben am Rand einlassen? Haben mich seine Äusserungen über Geldknappheit und Einsamkeit erschreckt? Der Geist – er hätte wohl gepasst, aber die Hülle. – Vielleicht haben wir zweimal miteinander telefoniert. Vielleicht ging auch ein Mail verloren. Ich glaube allerdings nicht. Es war einfach fertig. Der Zufall half mir nicht nach Bern, denn vielleicht wäre es anders gewesen, wenn ich ihn konkret und physisch vor oder neben mir gehabt hätte. Vielleicht, wenn wir zusammen Musik gemacht hätten ... Aber ich bin nicht sicher. Das Telefonat scheint mich doch sehr verstört und entmutigt zu haben. – MN, 3.8. 2005